Station 10

Frauenalpl

Auf dem Weg vom Schachenhaus zum Frauenalpl wächst in großer Zahl die Alpen-Küchenschelle Pulsatilla alpina). Sie bildet hier gleichsam den Auftakt zu den bevorstehenden alpinen Rasen.

Oberhalb des Schachenhauses lassen sich die letzten Zirben (Pinus cembra) und schon bald auch die letzten Latschen (Pinus mugo) beobachten. Auf einer Meereshöhe von gut 1.900 m erreichen wir die alpine Höhenstufe jenseits der Baumgrenze. Während der Wanderung durch den Fels des Wettersteinkalks, der auch die steil abfallenden Wände ins Oberreintal und über der Schachenalm aufbaut, begegnen uns einige an diesen unwirtlich erscheinenden Lebensraum angepasste Pflanzen.
In Felsspalten und auf Gesteinsschutt wachsen z.B. das Brillenschötchen (Biscutella laevigata), welches mit seinem ausgeprägten Wurzelsystem den Schutt halten kann. Die Stumpfblättrige Weide (Salix retusa) überzieht kriechend den Boden. Sie ist ein Eiszeitrelikt und wächst nur sehr langsam.

Die Polster-Segge (Carex firma) ist eine wichtige Pionierpflanze, die Schutt staut und den Boden für weitere Arten bereitet. Sie ist sehr kälteresistent, wozu die Wuchsform in Polstern, in denen die Wärme besser gespeichert werden kann, beiträgt. Auch die Schwarze Segge (Carex atrata), die auf dem felsigen Rücken und windgescherten Grat des Frauenalpls wächst, ist an den Wuchsort hochalpiner Steinrasen angepasst.

Auf den alpinen Rasen nicht zu übersehen ist die Weiße Silberwurz (Dryas octopetala), die als arktisch-alpine Art hier ihren angestammten Lebensraum hat. Nach dieser Art ist der letzte Zeitabschnitt der letzten Eiszeit, die Jüngere Dryas, die vor ca. 10.000 Jahren endete, benannt. Damals war die Weiße Silberwurz, wie Pollenanalysen belegen, in ganz Europa verbreitet. Heute kommt sie neben den Lebensräumen in der arktischen Tundra v.a. in den Gebirgen vor. Wenn ihre Samen von Bergbächen in die Tallagen transportiert werden, kann sie hierzulande auch auf Flussschottern der Bäche und Flüsse am Alpenrand wachsen.

Spiritueller Proviant

„Die Wege der Heiligen Schrift führen zu einem hohen Berg, wo Blumen und kostbare Gewürzkräuter wachsen.“ (Hildegard von Bingen, Brief an Bischof Heinrich von Lüttich)

Einen Berg zu erklimmen ist mit Anstrengung verbunden, zugleich werden die Mühen belohnt – nicht selten durch Lebewesen, die im Tal nicht anzutreffen sind – und am Gipfel durch ein gigantisches Panorama, das Gefühl der Freiheit und das Erleben der Erhabenheit der Schöpfung. Hildegard von Bingen vergleicht die Bibellektüre mit einem hohen Berg, der Blumen und Gewürzkräuter bereithält, woraus der Mensch Freude, Nahrung und Lebenskraft beziehen kann. Die Heilige Schrift ist keine leichte Kost, doch ist es lohnend, sich mit ihr zu befassen, sie zu „erklimmen“.

Was ist für mich Nahrung, nicht nur im körperlichen Sinn?


Typisch in den steinigen Rasen sind auch das Kopfige Läusekraut (Pedicularis rostratocapitata), der Wundklee (Anthyllis vulneraria) und das Stängellose Leimkraut (Silene acaulis); auch das Alpen-Vergissmeinnicht (Myosotis alpestris) kann hier gesehen werden.

Die Hochfläche am Frauenalpl, welche als Schafweide genutzt wird, ist wiederum von Raibler-Schichten geprägt. Folglich liegen hier tiefgründigere Böden vor. Dadurch wachsen hier auch Arten, die feuchtere Bodenverhältnisse benötigen wie z.B. das Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris), die Mehlprimel (Primula farinosa), der Alpenlattich (Homogyne alpina) sowie der Alpenhelm (Bartsia alpina). Auf den karbonatarmen, tiefgründigen Böden der Raibler-Schichten gedeiht auch die Halbkugelige Teufelskralle (Phyteuma hemisphaericum).
Auch der Frühlingsenzian (Gentiana verna) und der Bewimperte Mannsschild (Androsace chamaejasme) sind am Frauenalpl vertreten.

Lässt man vom Gipfelkreuz des Frauenalpls den Blick hinunter schweifen, lassen sich der Schachen, die Schachenalm samt Schachensee, der auf einer Höhe von 1670 m ü. N.N. liegt, überblicken. Weiter geht der Blick über das Ammer- (links) und Estergebirge (rechts) sowie die Ortschaften Partenkirchen und Farchant hinaus ins Alpenvorland. Hier spannt sich eine Landschaft auf, welche mit ihren vielen einzelnen Biotopen und Klein-Lebensräumen eine überaus große Artenvielfalt beherbergt, die deutschlandweit von Bedeutung ist. Diese zu erhalten, stellt eine wichtige Aufgabe dar.

Spiritueller Proviant

„Die Wege der Heiligen Schrift führen zu einem hohen Berg, wo Blumen und kostbare Gewürzkräuter wachsen.“ (Hildegard von Bingen, Brief an Bischof Heinrich von Lüttich)

Einen Berg zu erklimmen ist mit Anstrengung verbunden, zugleich werden die Mühen belohnt – nicht selten durch Lebewesen, die im Tal nicht anzutreffen sind – und am Gipfel durch ein gigantisches Panorama, das Gefühl der Freiheit und das Erleben der Erhabenheit der Schöpfung. Hildegard von Bingen vergleicht die Bibellektüre mit einem hohen Berg, der Blumen und Gewürzkräuter bereithält, woraus der Mensch Freude, Nahrung und Lebenskraft beziehen kann. Die Heilige Schrift ist keine leichte Kost, doch ist es lohnend, sich mit ihr zu befassen, sie zu „erklimmen“.

Was ist für mich Nahrung, nicht nur im körperlichen Sinn?

Quellen: Alpenbiotopkartierung; Bayer. Landesamt für Umwelt; Kremer, Bruno P., Was blüht in den Alpen?, Stuttgart 2001; Doposcheg, Josef, Berge und Pflanzen in der Landschaft Werdenfels, Garmisch-Partenkirchen 1938; Oberdorfer, Erich, Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete, 2001; Hildegard von Bingen, Briefe, 1997.

Vom Schachenhaus führt ein schmaler Bergpfad Richtung Meilerhütte. Nach 340 Höhenmetern ist das Frauenalpl erreicht. (1.400m)